
Wie schon vor ein paar Tagen in meiner Story angekündigt, habe ich heute einen neuen Blogbeitrag für euch. Es geht um das Thema Wattpad. Nachdem sich einige von euch einen Beitrag darüber gewünscht haben, habe ich mir die liebe Phillippa Pen geschnappt und ein kleines Interview gemacht. Sie schreibt selber als Autorin auf wattpad und ihr Buch „Invalidum“ könnt ihr schon bis Kapitel 36 lesen. Ich habe sie in Frankfurt auf der Buchmesse getroffen und sie ist wirklich eine ganz herzliche, freundliche und offene Persönlichkeit.
So, jetzt möchte ich euch aber das Interview nicht vorenthalten.
1. Warum hast du dich für Wattpad entschieden?
Wattpad war im Grunde die erste Plattform dieser Art, auf die ich gestoßen bin. Ich war total fasziniert davon, dass es Portale gibt, auf denen man seine Geschichten posten kann und wo es tatsächlich auch eine Leserschaft gibt, die sie liest! Ich habe mich allerdings nicht gleich getraut etwas zu veröffentlichen. Etwa ein halbes Jahr lang habe ich mich dort erst umgesehen und bei anderen mitgelesen. Man findet auf Wattpad mitunter wirklich wahnsinnig fesselnde und gut geschriebene Geschichten. Ich fand das einfach so wahnsinnig toll und es hat mich dann irgendwann regelrecht in den Fingern gejuckt, auch etwas zu schreiben. Als ich dann noch auf Autoren wie Lin Rina, Nicole Dozdek und Luna Nox aufmerksam geworden bin, die ihre Wattpad-Geschichten erfolgreich verlegt haben, wollte ich Wattpad nicht nur für hobbymäßiges Schreiben nutzen, sondern ganz konkret auf eine Veröffentlichung hinarbeiten. Später bin ich dann noch auf die Plattform Sweek gestoßen, die Wattpad sehr ähnlich ist (Wattpad ist allerdings eher im englischen/amerikanischen Sprachraum verbreitet, während Sweek eine speziell europäische Platform ist) und über die sogar Schreibwettbewerbe von deutschen Verlagen veranstaltet werden. Seitdem poste ich meine neuen Kapitel auf beiden Plattformen. Wobei ich gestehen muss, dass ich Sweek eher stiefmütterlich behandle. Ich bin in der Community dort nicht so aktiv. Das möchte ich eigentlich gerne noch ändern und auch öfter bei anderen Sweek-Autoren reinlesen.
2. Um was geht es in deinem Buch „Invalidum“?
„Invalidum“ ist ein Jugendroman und in den Genres Dystopie und Sci-Fi zuhause. Es gibt zwei Heldinnen, Linn und Runa, die in einer Welt groß werden, in der alles optimiert wurde – auch die Menschen. Kinder werden in Eugenica genetisch designt, um jegliche Chance, ein nicht perfektes Baby – ein „Invalidum“ – zu kriegen, auszumerzen. Linn arbeitet – sozusagen als Azubi – in einem Krankenhaus und als sie eines Tages bei einer Geburt assistiert, erfährt sie, dass das Neugeborene „aussortiert“ werden soll. Um das Kind zu retten muss Linn untertauchen, was in einer so hochtechnisierten Gesellschaft gar nicht so leicht ist. Eugenica, duldet nämlich keine Abweichungen vom System. Runa hingegen wächst ganz behütet in Eugenica auf. Ihre Eltern sind wohlhabend, einflussreich und stolz auf ihre Tochter. Als sie jedoch bei der Aufnahmeprüfung für die renommierte LamarckAkademie versagt und verändert sich ihre Welt über Nacht. Die beiden jungen Frauen müssen also damit klarkommen, dass sich das System, an das sie immer geglaubt haben, plötzlich brutal gegen sie wendet. Dass sie eine große Gemeinsamkeit haben, die ihre Schicksale miteinander verbindet, ahnen sie lange nicht.
3. Wie würdest du die Zielgruppe beschreiben?
Das ist gar nicht so einfach. Eigentlich fällt Invalidum, weil es ein Jugendroman und auch in vielerlei Hinsicht ein Entwicklungsroman ist, eher in eine jüngere Zielgruppe. Damit meine ich Teenies, denn für Kinder ist es stellenweise doch zu drastisch. Es ist nicht Mord- und Todschlag, aber es ist ernst und es wird nichts beschönigt. Die Geburtsszene in den ersten Kapiteln ist zum Beispiel nicht für jeden etwas und auch die Tatsache, dass in dem dystopischen Szenario ein Neugeborenes zum Opfer von Gewalt werden könnte, mag nicht jeder. Aber es soll natürlich auch niemand mögen. Es soll falsch sein. Es muss schließlich nachvollziehbar sein, dass eine meiner Heldinnen ihre gesamte
Existenz – ihren Job, ihre Familie, ihr Leben – riskiert um ein fremdes Kind zu schützen. Insofern würde ich sagen „Young Adult“ oder „Junge Erwachsene“ ist zumindest altersmäßig die treffendere Einordnung. Thematisch sollte man sich für Technik, Wissenschaft – zum Beispiel für Biologie oder Genetik – und Zukunftsvisionen interessieren. Es ist nicht nur etwas für Sci-Fi-Fans, aber die ideale Zielgruppe ist Sci-Fi zumindest nicht abgeneigt. Weil es aus einem weiblichen Blickwinkel geschrieben ist, spricht es wahrscheinlich eher Mädchen und junge Frauen an. Allerdings habe ich mich bemüht keine klischeehaften weiblichen Hauptpersonen zu entwickeln. Meine Heldinnen haben ihren individuellen Talente, einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und ein gewisses Selbstvertrauen. Das heißt aber nicht, dass sie übermenschlich schön, schlau oder begabt sind. Sie brauchen auch ein bisschen Unterstützung hier und da und die gibt es zum Glück auch. Sogar ein bisschen Herzklopfen kommt bei meinen Mädels vor, aber natürlich bleibt es – wie bei Jugendromanen üblich – alles jugendfrei.
4. Welche Vorteile bringt Wattpad mit sich?
Das Tollste an Wattpad ist die Interaktion mit den Lesern. Ob mich nun einer auf einen Tippfehler hinweist, Vermutungen über die weitere Handlung anstellt oder mir einfach nur sagt, dass er Spaß am Lesen meiner Geschichte hat – alles davon ist toll! Wie oft sitzt man als Autor im stillen Kämmerlein und verwirft eine Geschichte, weil man sich einredet, dass das sowieso niemand lesen will. Bei Wattpad weis man, dass jemand mitliest. Man kriegt Feedback und merkt ganz genau, ob die Geschichte ankommt und ob jemand dem nächsten Kapitel entgegenfiebert. Das ist einfach unheimlich motivierend! <3 Man kann Kontakte zu anderen Autoren pflegen und richtig gute Geschichten entdecken. Wer Spaß am Lesen hat, hat auch Spaß an Wattpad! Und dann gibt es natürlich noch die Wettbewerbe. Ob das nun Community-interne Wettbewerbe wie die Wattys (oder bei Sweek die Sweek Stars) sind oder ob man an Ausschreibungen von Verlagen teilnimmt. Man kann durch die Schreibwettbewerbe sich und seine Geschichten bekannter machen. Ich selbst habe mich ehrlich gesagt mit „Invalidum“ bisher noch keiner Jury gestellt, weil oftmals abgeschlossene Geschichten gewünscht sind. Aber sobald das letzte Kapitel hochgeladen ist, möchte ich das unbedingt mal machen. Ich weiß, dass andere (angehende) Autoren damit schon tolle Erfolge hatten (z. B. Stefanie a.k.a. „literarychallenged“)
5. Gibt es Nachteile?
Ich glaube Nachteile gibt es nur, wenn man eher der Typ Autor ist, der sich nicht in die Karten schauen lassen will. Wer panische Angst davor hat, dass jemand anderes seiner Idee nacheifern könnte, der kann wohl nicht mehr ruhig schlafen, wenn erst einmal eines seiner Kapitel im WWW für jeden zu lesen ist. Für solche Autoren ist es vielleicht gut zu wissen, dass man bei Wattpad eine Art Kopierschutz aktivieren kann (Strg+C funktioniert dann nicht) und dass man bereits veröffentlichte Kapitel wieder „zurücknehmen“ kann. Unter den ganz erfolgreichen Wattpaddern ist es übrigens üblich eine Geschichte, wenn sie verlegt wurde, offline zu stellen oder nur noch eine Leseprobe anzubieten. Also wer aus seiner Wattpad-Geschichte später ein Buch machen will, kann Wattpad trotzdem noch als eine Art Werbe-Platform nutzen. Praktisch, oder?
6. Hast du Tipps für angehende Autoren?
Also nachdem ich selbst noch angehende Autorin bin, möchte ich nicht so tun als hätte ich die Weisheit mit Löffeln gegessen. Aber jedem, der in einer ähnlichen Situation wie ich ist, dem würde ich sagen: Mach es! Schreib deine Geschichte und lass sie andere Leute lesen! Such dir Gleichgesinnte bei Wattpad, Sweek oder Instagram und tausche dich mit ihnen aus. Nach meiner Erfahrung ist die Autoren-Community eine sehr kollegiale, freundliche und hilfsbereite Community. Jeder liest gerne die Geschichten der Anderen, jeder teilt gerne Lob und Kritik aus. Es ist unheimlich produktiv und motivierend ein wenig seine Komfortzone zu verlassen.
7. Beschreibe deine Hauptprotagonisten in zwei Sätzen.
Oh, ich bin echt nicht gut darin mich kurz zu fassen, aber ich versuche es mal. Linn hat das Herz am rechten Fleck. Eigentlich ist sie die perfekte, folgsame Eugenikanerin, doch angesichts von Ungerechtigkeit wächst sie über sich hinaus und tut Dinge, die sie sich selbst nie zugetraut hätte. Runa ist privilegiert und schlau – und dennoch merkt sie nicht, dass sie bereits ihr ganzes Leben eine Lüge lebt. Erst als sie ganz unten ist, merkt sie, dass sie ihrem Herzen folgen und sich selbst durchkämpfen muss.
8. Wird es eine Fortsetzung geben?
Ja, das ist zumindest der Plan. Einen Titel dafür habe ich auch schon: „Individuum“ – Also das Gegenteil von „Invalidum“. Aber mehr verrate ich noch nicht.
9. Was war für dich die wertvollste Erfahrung während dem Schreiben?
Also zunächst einmal – und ich hoffe das kommt jetzt nicht arrogant rüber – war es für mich eine tolle Erfahrung, dass ich es schaffen kann. Dass ich an einer Geschichte dranbleiben und sie immer weiter bis zum Ende schreiben kann. Meine vorherigen Schreibprojekte waren eher Kurzgeschichten und Invalidum ist das erste Projekt, das über ein paar wenige Kapitel oder Seiten hinausgeht. Darauf bin ich wirklich stolz. Aber auch der Austausch mit anderen Autoren und mich Buchbloggern ist einfach so, so schön! Ich muss es einfach sagen: Ich liebe Bookstagram! Ich liebe die tollen, bücherverrückten Menschen dort! Ein paar sind in den letzten Monaten so etwas wie Freunde für mich geworden. Ich wünsche mir wirklich, dass dieser Kontakt nicht abbricht. Er motiviert und inspiriert mich und das empfinde ich als wirklich wertvoll. <3
10. Woher kommen deine Ideen für die Charaktere?
Für Linn standen gleich zwei Personen Pate. Zum einen eine fiktive Figur: Grusche aus dem Theaterstück „Der Kaukasische Kreidekreis“. Sie ist eine Magd, die in den Kriegswirren ein fremdes Kind rettet und als ihr eigenes ausgibt. Sie erträgt es sogar, dass man sie wegen ihres vermeintlich unehelichen Kindes beschimpft und schlecht behandelt. Einfach weil sie das Herz am richtigen Fleck hat. Sie weiß, was wirklich wichtig und gerecht ist.
Die zweite Person, von der Linn inspiriert wurde, ist meine beste Freundin. Sie arbeitet wie Linn in einem Krankenhaus (ist allerdings Chirurgin, keine Krankenschwester) und ist einfach der anständigste Mensch, den ich kenne. Von ihr hat Linn ihre gold-braunen Haare, ihre Ehrlichkeit, ihre mütterliche Zuneigung, ihre Geschicklichkeit, ihr Pflichtbewusstsein und ihr Durchhaltevermögen. Eine andere Figur, die aber erst später in der Geschichte auftaucht, ist von meinem Mann inspiriert. Es ist junger Wissenschaftler in einem Versuchslabor, der nicht nur klug und gutaussehend, sondern gleichzeitig viel zu mitfühlend für die kalte eugenikanische Gesellschaft ist. Mein Mann ist genau so ein empathischer Typ, der viel zu gut für diese Welt ist – und natürlich auch klug und gutaussehend. Meine anderen Charaktere entspringen irgendwie meiner Fantasie. Ich kann nicht genau sagen, wer mich zu ihnen inspiriert hat.
11. Hattest du von Anfang an die ganze Story vor Augen? Oder hat sich das alles nach und nach entwickelt?
Ja und Ja. Das Grundgerüst stand von Anfang an. Allerdings sind beim Schreiben so ein, zwei Figuren aufgetaucht mit denen ich nicht gerechnet hatte und die dann die Geschichte nochmal stark verändert haben. Beispielsweise wurde der Love Interest von Linn doch jemand völlig anderes als zunächst geplant! Und eine Figur, der ich anfangs eine große antagonistische Rolle zugedacht hatte, wurde letztendlich nur ein Nebencharakter, der zwei Kapitel lang die Handlung vorantreibt und dann doch wieder verschwindet. Es ist schon verrückt, was sich noch so alles ändern kann, wenn man im Schreibfluss ist. Plötzlich schreibt man etwas, das man gar nicht geplant hatte und denkt sich dann: Ach, ich glaube ich mach das jetzt so, das ist ja viel besser! :)Danke für deine Zeit und ausführlichen Antworten, liebe Phillippa Pen. Ich hoffe, ich konnte euch ein wenig auf Invalidum neugierig machen. Es ist wahnsinnig bewundernswert, wie du das alles schaffst und mit welcher Leidenschaft du dahinter stehst. Auch finde ich es wirklich rührend, mit welchen Worten du deine beste Freundin beschreibst. Mach‘ weiter so. 🙂
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